Industrielle Technologieplattformen
Beispiele von Plattformen im KI Einsatz für Unternehmen
In einer digitalisierten Wirtschaft sind es digitale Technologien, die insbesondere auf Basis von Daten und Informationen Wertschöpfung verwirklichen (sollen). Zwar ermöglichen KI-Technologien große Datenmengen zu erfassen und zu analysieren sowie anschließend in Informationen zu transformieren, die als Grundlage für verwertbare Erkenntnisse dienen. KI-Technologien für (Service)Geschäftsmodelle sind aber auch immer von Menschen (KI-Experten) entwickelt sowie für konkrete Unternehmenskontexte (mit Fachexperten) implementiert und bereiten Daten zu Informationen auf, die gerade im industriellen Kontext Menschen mit dem Wissen erfordern, auf der Grundlage dieser Informationen handeln zu können (Service-Mitarbeiter / Nutzer). Damit solche Modelle gut funktionieren können, sind somit – neben den Kundenbedürfnissen – alle vorhandenen technischen, organisatorischen, prozessualen und arbeitsbezogenen Ressourcen einzubeziehen (BMBF 2019). In diesem Sinne sind KI-basierte (Service)Geschäftsmodelle soziotechnische Systeme und das Ergebnis des Zusammenspiels von Personen bzw. Gruppen und intelligenten Systemen auf Basis ihrer einzigartigen Daten-, Informations- und Wissensdomänen (North und Varvakis 2016). Um KI-basierte (Service)Geschäftsmodelle zu entwickeln, umzusetzen und im digital geprägten Wettbewerb zu bestehen, müssen Unternehmen also – neben den Daten- und Informationsflüssen – verschiedene Wissensdomänen über die Grenzen traditioneller Funktionsbereiche und IT-gestützter Geschäftsprozesse hinaus integrieren (Koch und Windsperger 2017). Daher sind technologische, organisatorische und personelle Wissensdomänen so zu identifizieren, zu vernetzen und zu gestalten, dass ein überlegenes Nutzenversprechen bzw. ein einzigartiger Kundennutzen geschaffen wird (Hamel und Prahalad 1994; Teece 2009).
Die Gestaltung der Daten- und Informationsflüsse, also die technologische Dimension, ist insbesondere gekennzeichnet durch industrielle Technologieplattformen: Hier sind Plattformen, die häufig zunächst primär Prozessinnovationen beim jeweiligen Nutzer mithilfe von Vernetzungsmöglichkeiten zwischen den verschiedenen Produktionssystemen adressieren, von Plattformen, die als Infrastrukturplattform auf Datenaggregation und -analyse fokussieren, zu differenzieren. Dabei verlagert sich der Kern des Plattformmehrwerts von Prozessinnovationen in Richtung von Produktinnovationen (Obermaier 2019) zu sogenannten IoT-Plattformen. Klassische Produktionsmaschinenbauunternehmen wie Maschinenfabrik Reinhausen GmbH oder Trumpf GmbH + Co. KG bieten Vernetzungsplattformen wie das MR-CM bzw. TruConnect in Verbindung mit den eigenen Maschinen an. Einen abgestimmten Ansatz stellt die Adamos-Plattform dar. Hier kooperieren mittelständische und große Maschinenbauer aber auch IT-Unternehmen, um eine Plattform mit einheitlichen Standards aufzubauen und zu betreiben. Adamos soll insbesondere KMU im Maschinenbau bei der Digitalisierung als Plattform zur Verfügung stehen, wobei keine Lock-in-Effekt bei einzelnen Herstellern durch die Anbindung von Maschinen an die Adamos-Plattform entstehen, da sie durch standardisierte Schnittstellen austauschbar sind. Die IOTA Stiftung verfolgt hingegen das Ziel, einen autonomen und dezentralen industriellen Marktplatz zu schaffen – eine herstellerneutrale Plattform, die den Handel mit Daten, Waren und Dienstleistungen automatisiert und einen unternehmens- und wertschöpfungsübergreifenden Austausch ermöglichen soll. Durch die Verbindung zwischen physischen und digitalen Maschinen (digitaler Zwilling) soll eine vorausschauende Analytik realisiert werden, wodurch ein agilerer und transparenterer Ansatz für die Fertigung geschaffen wird. Der industrielle Marktplatz baut dabei auf den Spezifikationen der Plattform Industrie 4.0 sowie dem Datenstandard ECLASS auf.
Einen weiteren, Ansatz zum Aufbau einer offenen KI-On-Demand-Plattform stellt das EU-Projekt AI4EU dar, bei dem ein Ökosystem geschaffen werden soll, welches verfügbares Knowhow, Tools und Ressourcen zusammenführt und potenzielle Lösungen Akteuren des Ökosystems bereitstellt. Das Projekt GAIA-X erweitert diesen Ansatz um einen konkreten Vorschlag zur Gestaltung einer europäischen Dateninfrastruktur für europäische Anwender. Daten und Dienste sollen auf einer Kollaborationsplattform vernetzt und nutzerfreundlich verfügbar gemacht sowie geteilt werden können. Allerdings sind die beschriebenen Konzepte nur unzureichend an den individuellen Bedürfnissen der kleinen und mittelständischen Unternehmen orientiert und können nicht als unterstützende Plattformen für Domänen- und Methodenwissen zur Erarbeitung KI-basierter (Service)Geschäftsmodelle betrachtet werden.