Potenziale für KI-basierte (Service) Geschäftsmodelle

Erkennen und Nutzen

Aus der Kombination innovativer Technologien mit der entsprechenden Wertelogik können Innovationen hervorgebracht werden, die den Weg für neue kundenorientierte Lösungen ebnen können (Nagele 2016). Um diese Potenziale auszuschöpfen, kann die Realisierung von Wertschöpfung und -aneignung nur durch neue Technologien und Lösungen erfolgen, die den Kundennutzen adressieren. Gerade deshalb rücken technologie-getriebene und datenbasierte Geschäftsmodelle immer stärker in den Fokus. Die Innovation datengesteuerter (Service)Geschäftsmodelle kann verschiedene Geschäftselemente beeinflussen und geht zudem mit spezifischen datenbezogenen Herausforderungen einher. Während multinationale Unternehmen bereits stetig Daten speichern, verarbeiten und wertbringend einsetzen, um Effizienzsteigerungen zu beschleunigen und ihre Alleinstellungsmerkmale zu intensivieren, fehlt es immer noch vielen KMU an Domänen- und Methodenwissen, um greifbaren Kundenmehrwert zu erzeugen.

Unternehmen wie Bosch und Schindler nutzen beispielsweise intelligente Sensoren zur Erfassung und Weitergabe von Daten und setzen damit bereits daten- und sensorbasierte Geschäftsmodellinnovationen um. Diese datengesteuerten (Service)Geschäftsmodelle basieren auf Daten als Schlüsselressource, was bedeutet, dass die Bereitstellung dieser Dienstleistungen für den Kunden ohne die Verwendung von Daten nicht möglich wäre (Schymanietz et al., 2018). Die Analyse von Nutzungsdaten bietet die Möglichkeiten, die wahren Bedürfnisse des Kunden zu identifizieren und im Vergleich zu konventionellen Geschäftsmodellen bedarfsgerechtere Produkte in kürzeren Entwicklungszeiten anzubieten. Essentiell für die Gestaltung digitaler Geschäftsmodelle ist daher die Beurteilung des momentanen und zukünftigen Werts dieser Daten. Konkrete Anwendungsfälle finden sich aktuell vor allem in vorausschauender Wartung (Predictive Maintenance), um Wartungsanforderungen und bevorstehende Ausfälle aufwandsarm und innerhalb kürzerer Zeit vorherzusagen.

Bedingt von dem wirtschaftlichen Erfolg vor allem US-amerikanischer und chinesischer Unternehmen wird im derzeitigen Diskurs zu digitalen Geschäftsmodellen insbesondere Plattformgeschäftsmodellen eine besondere Bedeutung beigemessen. In einer Studie der Begleitforschung AUTONOMIK für Industrie 4.0 wird zwischen transaktionszentrierten und datenzentrierten Plattformen unterschieden. Während bei transaktionszentrierten Plattformen vor allem die Vermittlung von Anbietern und Nachfragern bzw. die Realisation von Transaktionen im Vordergrund steht, besteht das Ziel datenzentrierter Plattformen darin, ein Gesamtsystem zu schaffen, bei dem Hard- und Software sowie Daten und Dienste zu einem „digitalen Ökosystem“ (bzw. „Ecosystem“) verknüpft werden (Engelhardt et al. 2017). Im B2B-Bereich gibt es hierzu zahlreiche Initiativen zur Etablierung von Plattformgeschäftsmodellen. Bekannte Beispiele sind die Stahlhandelsplattform XOM Materials von Klöckner (transaktionszentriert), der Data Intelligence Hub der Deutschen Telekom (datenzentriert) und Alibaba der Alibaba Group (transaktionszentriert). Insbesondere im B2B-Bereich ist die Unterscheidung zwischen offenen und geschlossenen Plattformen bzw. Marktplätzen relevant. Während an offenen Marktplätzen Akteure ohne größere Zugangsbeschränkung agieren können, entscheidet bei geschlossenen Marktplätzen der Marktplatzbetreiber, welche Akteure für den Marktplatz zugelassen werden. Ein Beispiel für einen geschlossenen Marktplatz ist eine Plattform zur generativen Ersatzteilfertigung von DMG Mori (Plattform Industrie 4.0 2019).

Andere Ausprägungen von digitalen Geschäftsmodellen bzw. von Geschäftsmodellen im Kontext von Industrie 4.0 adressieren ein verändertes Wertangebot bzw. neue Erlösmodelle. Die Bereitstellung physischer Produkte „as a Service“ ist nicht neu, wird aber durch die sukzessive Weiterentwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien (insbesondere Sensorik) in immer mehr Anwendungsbereichen einsetzbar. Beispielsweise bietet der Reifenhersteller Michelin mit der Marke „Michelin Fleet Service Solutions“ sogenannte „Tires-as-a-Service“-Leistungen, bei dem der Kunde nicht für den Reifen an sich, sondern für die mit dem Reifen gefahrenen Kilometer bezahlt (Plattform Industrie 4.0 2019).

Die „as a Service“ Geschäftsmodelle sind auch Gegenstand der Forschung auf internationaler europäischer Ebene. Das „Horizon 2020“-Projekt „Key Management as-a-Service“ soll beispielsweise einen Lösungsansatz schaffen, den Verkauf von Cloud-basierten Verschlüsselungsmethoden in ganz Europa skalierbar zu gestalten (European Commission, 2017). Auch die Fraunhofer-Allianz Cloud Computing und die Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services des Fraunhofer IIS untersuchen die Transformation von Geschäftsmodellen. Methoden sollen erprobt und in Kombination mit Praxiswissen Unternehmen bei der Neugestaltung von Geschäftsmodellen unterstützen. Insbesondere „SmartLM“, ein EU-gefördertes Projekt zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und eines neuen Systems für das Management von Software-Lizenzen in Grid- und Cloud-Umgebungen, strebt eine generische und flexible Technologie für die Virtualisierung von Lizenzen an. Daraus sollen neue organisationsübergreifende und serviceorientierte Geschäftsmodelle basierend auf Grids und Clouds entstehen (SmartLM, 2018).

Der Einsatz von Künstliche Intelligenz (KI)-basierter Technologie ist die logische Fortführung von Digitalisierung und Automatisierung im Kontext von Industrie 4.0. KI-Anwendungen nehmen aufgrund von Fortschritten bei der Datenerfassung, Algorithmen und der Erschwinglichkeit der Rechen- und Speicherkapazität im privaten Alltag, im öffentlichen Leben und in Unternehmen zu. Daher hat die deutsche Bundesregierung KI als zukünftige Schlüsseltechnologie für nahezu alle Bereiche der deutschen Wirtschaft anerkannt. Somit hat sie Mitte 2019 das Programm „KI für KMU“ als Teil der nationalen KI-Strategie initiiert, um bedarfsgerechte Voraussetzungen für den erfolgreichen Transfer von KI-Forschungsergebnissen in Anwendungen von KMU zu schaffen (Strategie Künstliche Intelligenz der Bundesregierung 2019)